Das Leben der Mönche war wesentlich auf das Jenseits ausgerichtet. Irdische Bedürfnisse hatten einen geringeren Stellenwert, waren aber nicht zu umgehen. Dazu gehörten auch sanitäre Anlagen in den Klöstern. Ein Abort, eine domus necessaria, war bereits im St. Galler Klosterplan vorgesehen. von Hansjörg Frank Im Vergleich zu den hygienischen Verhältnissen in den mittelalterlichen Städten wurden in den Klöstern geradezu luxuriöse Lösungen für dieses Problem gefunden. Im Kloster Wettingen wurde dafür eigens wohl schon im 13. Jahrhundert ein Latrinenturm am Südende des Dormitoriums gebaut. Der darunter fliessende Bach – ein Nebenarm des Klosterbachs – entsorgte die Fäkalien in die Limmat. Die Anlage war einerseits vom Dormitorium aber auch vom einstigen Gästetrakt über Holzlauben zugänglich. Derartige sanitäre Einrichtungen finden wir auch im Kloster Salem – wo ein Fäkalienschacht noch existiert – oder im Zisterzienserkloster Zwettl in Österreich, wo die intakte mittelalterliche Anlage noch heute zu besichtigen ist. Langlebige Latrine Der Latrinenturm des Klosters Wettingen ist auch auf anderen Darstellungen und Bildern zu sehen. Die Bezeichnung dieser Örtlichkeit, welche Johann Heinrich Murer in der Legende zugeschrieben hat, ist wohl der täglichen Erfahrung geschuldet und vielleicht sogar humorvoll gemeint: Thüre zu allen Winden. Bei all den anderen baulichen Erneuerungen, welche das Kloster erfahren hat, bestand offensichtlich lange Zeit keine Veranlassung, an dieser Einrichtung etwas zu verändern. Zum Zeitpunkt der Klosteraufhebung und bei der Einrichtung des Lehrerseminars befanden sich die Anlagen noch am selben Ort. Der einst freistehende Latrinenturm war nun baulich aber mit dem Dormitoriumstrakt fest verbunden und um ein Stockwerk erhöht, wie der folgende Plan aus der Zeit der Klosteraufhebung zeigt. Zeitgemässer Abort
Die steigenden Schülerzahlen im Lehrerseminar gegen Ende des 19. Jahrhunderts machten schliesslich eine bauliche Erweiterung der Anlagen notwendig. Voraussetzung dafür war der Anschluss des Lehrerseminars an die öffentliche Wasserversorgung. Noch im Jahr 1907 war man mit der Planung neuer Bade- und Waschgelegenheiten für die Seminaristen beschäftigt. 1952 wurde das Necessarium abgebrochen und durch zeitgemässe Abortanlagen ersetzt. Die Silberysenchronik ist in der eidgenössischen Geschichtsschreibung eine vielzitierte Quelle, nicht zuletzt wegen der eingängigen Illustrationen. Der Verfasser, der Wettinger Abt Christoph Silberysen, hat aber in der Region eine weitere, wenig bekannte Trouvaille hinterlassen. von Bruno Meier Die Schlacht bei Dättwil Ende Dezember 1351 nach der Schweizer Chronik von Christoph Silberysen. Für diese Chronik ist Abt Silberysen bekannt. Das Bild zeigt das Gefecht zwischen einem habsburgischen Aufgebot und einem Zürcher Trupp, der von einem Plünderungszug heimzog. Es soll unentschieden ausgegangen sein. Bild: e-codices.ch, Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsWettF 16:1, S. 343. Christoph Silberysen (1542–1608) aus Baden ist in der Klostergeschichte nicht als erfolgreicher Abt in die Annalen eingegangen. Er wurde im Sommer 1563 sehr jung, als 21-Jähriger, zum Abt gewählt, nur drei Jahre nach seiner Profess. Es waren unruhige Zeiten: Viele Klöster wirtschafteten schlecht und sträubten sich gegen nötige Reformen. Silberysen machte in dieser Beziehung keine Ausnahme. Er vernachlässigte die Klosterwirtschaft und spielte eine eigenartige Rolle in den Bestrebungen der neu eingerichteten päpstlichen Nuntiatur, die Klöster wieder auf einen richtigen Weg zu bringen. Aus heutiger Sicht würde man sagen, die «corporate governance» im Kloster war unter seiner Führung in jeder Hinsicht schlecht. Unter internem und äusserem Druck musste er 1594 definitiv resignieren. Peter Schmid, sein interner Kritiker, wurde Abt und führte das Kloster zu neuer Blüte. Wenig bekannte Handschrift in Baden Silberysen war ein typischer Renaissanceabt. Das Klosterleben und die Klosterwirtschaft interessierten ihn weniger, er hatte geistige und kulturelle Interessen. Er veranlasste unter anderem mehrere Stiftungen von Glasgemälden für den Kreuzgang. Bekannt geworden ist er als Verfasser beziehungsweise Kompilator eidgenössischer Geschichte. Seine dreibändige Schweizer Chronik (1576ff.), das Chronicon Helvetiae, heute in der Aargauer Kantonsbibliothek, basiert auf den bekannten Chroniken der Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi und Johannes Stumpf, die Illustrationen orientierten grösstenteils an den Chroniken von Heinrich Brennwald und Werner Schodoler. Im Baden hinterliess Silberysen jedoch eine Handschrift (N.82.16 im Stadtarchiv), die wenig bekannt ist. Eine teilweise illustrierte Sammlung eidgenössischer Briefe, in der Art ähnlich wie das Weisse Buch von Sarnen einhundert Jahre zuvor. Zu jedem Brief steht eine leere Seite für eine Illustration, sieben davon sind ausgeführt. Paul Haberbosch hat 1959 glaubhaft nachgewiesen, dass wahrscheinlich der Badener Maler Durs von Aegeri als Zeichner aktiv war. Einige Illustrationen sind auf 1578 datiert. Wappen und Schwurhände Die Handschrift, die im 17. Jahrhundert nach Silberysen von anderen ergänzt worden ist, widerspiegelt eindrücklich die damaligen Kenntnisse und den Kanon eidgenössischer Geschichte, wie sie der Glarner Geschichtsschreiber Aegidius Tschudi einige Jahrzehnte zuvor in eine gültige Form gebracht hat. Die Illustration des Bundesschwurs von Uri, Schwyz und Unterwalden ist daher auch beim Brief von Brunnen von 1315 platziert. Denn der Bundesbrief von 1291 war damals nicht bekannt. 1315 galt bis ins 19. Jahrhundert immer als der erste Bund. Eine Zeichnung vom dreijährigen Bündnis von Zürich mit Uri und Schwyz von Oktober 1291 ist fälschlicherweise auf 1251 datiert, wie das Tschudi auch schon gemacht hat. Die Ikonografie der Zeichnungen bezieht sich stark auf die damals bekannten, eingängigen Bilder: Die Wappen entsprechen dem Kanon des Scheibenzyklus von Lukas Zeiner im Tagsatzungssaal von Baden, den Silberysen natürlich gekannt hat. Die Bundessymbolik und die Schwurszene richten sich nach den verbreiteten Darstellungen auf den Medaillen des Jakob Stampfer aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Weiterlesen: Paul Haberbosch: Durs von Aegeri. Altarmaler und Chronikzeichner aus Baden. In: Badener Neujahrsblätter 1959, S. 12–28. Bruno Meier: Bundesschwur und Freiheitsbriefe. Eine illustrierte Handschrift des 16. Jahrhunderts aus Baden. In: Librarium 36/1, 1993, S. 14–20. Nachdem im ersten Teil die Zisterzienser als Orden und das klösterliche Leben im Fokus gestanden hatte, zeigt dieser Beitrag, wie die Wettinger Zisterzienser ab 1227 auf der Klosterhalbinsel lebten, wie sie sich organisierten und Traditionen weiterpflegten. von Annina Sandmeier-Walt Unmittelbar nach der Gründung des Klosters begann der Kirchenbau und es entstand bis in die frühe Neuzeit ein komplexer Klosterbau mit Konventbauten, Kreuzgang, Gärten, Werkstätten und Mauern. Dabei gab es klare Trennungen von Bereichen für Laien und Geistliche. In der Kirche beteten die Konversen (Laienbrüder) und die geweihten Mönche getrennt, auch die Schlafräume waren separat. Die Klausur, der innere und nach aussen abgeschlossene Bereich des Klosters, war nur für Mönche zugänglich, Gäste hatten keinen Zutritt. Ideal und Wirklichkeit Das klösterliche Ideal der Bescheidenheit, das die Zisterzienser ursprünglich verfolgten, rückte angesichts realer Umstände in Wettingen wie anderorts zusehends in den Hintergrund. Das Kloster erwarb bald weitläufigen Grundbesitz im Limmattal, ferner in Uri, Zürich und Basel. Vor Ort hatte es bis 1798 zudem die Niedere Geschichtsbarkeit sowie Jagd- und Fischereirechte inne. Doch auch klosterintern gab es vom Mittelalter bis in die Neuzeit Verschiebungen der Aufgaben. Während weniger Konversen eintraten und das Land grösstenteils verpachtet wurde, verlagerten sich die Aufgaben der Mönche zunehmend auf Bildung sowie Seelsorge in Pfarreien und Frauenklöstern. So unterstanden sämtliche Zisterzienserinnenklöster der Ost- und Zentralschweiz für eine gewisse Zeit dem Wettinger Abt. Mit der Gründung einer eigenen Schule für Philosophie und Theologie 1604 legte die Abtei mehr Wert auf die wissenschaftliche Betätigung der Mönche. Teil von Kongregationen Das mittelalterliche Filialsystem der Zisterzienserklöster wurde in der Neuzeit nach und nach durch Kongregationen – also einem Klosterverband selbständiger Klöster – abgelöst. Wettingen gehörte zur Oberdeutschen Zisterzienserkongregation und stand nach deren Auflösung der 1806 enstandenen Schweizerischen Zisterzienserkongregation vor. Mit der Aufhebung des Klosters Wettingen durch den Kanton Aargau 1841 und der Übernahme des Klosters Mehrerau bei Bregenz 1854 mussten die Mönche ihren Platz im Orden der Zisterzienser erst wieder finden. Ende des 19. Jahrhunderts gründete das Kloster eine eigene Kongregation, die heute den Namen «Zisterzienserkongregation von Mehrerau» trägt und deren Vorsitz der Abt von Wettingen-Mehrerau führt. Erinnerungen und Tradition in Mehrerau Ein Blick in die Webseite des Klosters Wettingen-Mehrerau zeigt: Noch immer ist der Alltag der Mönche von 5:45 Uhr bis abends um 19:30 Uhr geprägt von den Gebetszeiten und der Messe. Und noch immer tragen sie den zweifarbigen Habit, der sie als Zisterzienser erkennbar macht. Auch Wettingen ist im am Bodensee gelegenen Kloster noch immer präsent. Von ihm zeugen Malereien von der Klosterhalbinsel und Gemälde von Wettinger Äbten aber auch Traditionen wie das Totengedenken, das samstägliche Salve Regina sowie das Gedenken der Katakombenheiligen Marianus und Getulius in der Vesper. Ihre Ordenstracht lässt Mönche in der Gesellschaft auffallen. Doch was heisst es, als Mönch in einem Kloster zu leben? Am Beispiel der Zisterzienser von Wettingen gehen wir dieser Frage nach. von Annina Sandmeier-Walt Der Ausdruck «Wandelnde Zebrastreifen» im Zusammenhang mit Zisterziensermönchen stammt nicht etwa von einem Kritiker der Klöster. Er ist der Titel eines Anekdotenbuchs des Altabts des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz in Österreich. Das Zitat zielt darauf ab, was Mönche in der Gemeinschaft mit anderen Menschen sichtbar machte und oft noch immer macht: den Habit – die Tracht einer Ordensgemeinschaft. Im Fall der Zisterzienser sind es eine weisse Tunika, ein Untergewand, und darüber, als Obergewand, ein schwarzes Skapulier. Doch einheitliche Kleidung sind nur äussere Zeichen einer klösterlichen Gemeinschaft. Wer sind die Zisterzienser, die sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Gebiet des heutigen Wettingen niederliessen? Nach welchen Regeln lebten sie und wie gestalteten sie ihren Alltag?
Leben in Klöstern Klöster bezeichnen nicht nur Bauten, sondern in der Römisch-katholischen Kirche klar organisierte Gemeinschaften mit strukturiertem Alltag. Wer zu ihnen gehören will, muss oft mehrere Gelübde ablegen, darunter die Verpflichtung zum Gehorsam, zur Enthaltsamkeit und Armut. Zum Funktionieren und Überleben der Klöster trugen ihre Ausstattung mit Ländereien und Rechten sowie ihre innere Organisation bei. In dieser hat jedes Mitglied eine Aufgabe: Der Abt repräsentiert die Klostergemeinschaft nach aussen, Novizenmeister bilden den Nachwuchs aus, Pförtner regeln den Einlass in den Klosterbezirk, um nur einige Beispiele zu nennen. Zum klösterlichen Alltag gehören neben Arbeit und Lesung in einem bestimmten Rhythmus stattfindende Gebetszeiten. Neben der Messe wird das Chorgebet, das auf Psalmen basiert, gepflegt. In Wettingen sah ein Tagesablauf um 1642 folgendermassen aus: Mitternacht: Metten und Matutin, dann bis halb 6 Uhr Nachtruhe I. 6 Uhr: Prim, Betrachtung, Einzelmessfeiern 7 Uhr: Exhorte im Kapitelsaal und Totengedenken, eventuell Beichte 8 Uhr: Terz, Konventamt 9 Uhr: Sext und je nach Jahreszeit Non 10 Uhr: Prandium (Mittagsmahl) bei Stillschweigen und Tischlesung; bis gegen 12 Uhr Rekreation mit ehrbarem (honestus) Spiel, Musik, sittsamen (modestus) Gesprächen oder Gartenarbeit 12 Uhr: Non, dann auf der Zelle Studium, Arbeit 15 Uhr: Vesper, dann wieder Arbeit, Studium 17 Uhr: Caena (Nachtessen), anschliessend wieder Rekreation oder Predigt 19 Uhr: Komplet, Studium, Gebet und Nachtruhe II bis 23.30 Uhr Reform und Ideal
Als mit Bonmont bei Nyon zu Beginn des 12. Jahrhunderts das erste Kloster in der Schweiz zisterziensisch wurde, gab es auf dem Gebiet der heutigen Schweiz bereits Klöster des Benediktinerordens, also Klöster die der Regel des Heiligen Benedikts folgten, sowie Klöster mit Augustinerregel. Der Name «Zisterzienser» leitet sich wohl vom Namen des ersten Zisterzienserklosters ab, das 1098 in Frankreich gegründet wurde: Cîteaux. Zisterzienser entstanden als Reformbewegung der Benediktiner. Sie wollten die Benediktsregel strenger befolgen, das Feudalsystem überwinden und einen einfachen Lebensstil führen. Das ideale Zisterzienserkloster sollte Mönchen und Nonnen daher eine Selbstversorgung ermöglichen. Zentral waren demnach Zugang zu Wasser, Gartenanlagen für den Anbau von Nahrungsmitteln und handwerkliche Betätigung. Für diese Arbeiten gab es neu Laienbrüder im Kloster – Konversen genannt. Anders als die Benediktinerklöster waren die Niederlassungen der Zisterzienser eingebunden in ein Filialsystem, an dessen Spitze das Mutterkloster Cîteaux stand. Dies trug zur raschen Expansion in ganz Europa bei: Um 1300 gab es hier rund 750 Klöster. Das Kloster Wettingen wurde 1227 von Mönchen aus Salem, aus der Linie von Morimond, gegründet. Zwölf Mönche aus diesem Kloster bauten auf der Wettinger Halbinsel eine klösterliche Gemeinschaft auf. Schon Seminardirektor Augustin Keller war um die Disziplin der jugendlichen «Zöglinge» besorgt. Trotzdem war der Schulalltag immer wieder durch Disziplinarfälle beeinträchtigt, welche auch die Erziehungsdirektion beschäftigten. von Hansjörg Frank 1925 fand eine mehrtägige Schulreise einer 2. Klasse des Wettinger Lehrerseminars ins Gotthardgebiet statt. Die Seminaristen sollten die Geografie der Schweiz kennenlernen. Allerdings waren die beiden Leiter dieser Mission gezwungen, das Vorhaben bereits nach dem ersten Tag abzubrechen. Auf Grund starken Regens kam die Klasse schon durchnässt auf dem Gotthardhospiz an. Die nassen Kleider vermochten bis zum Morgen nicht zu trocknen. Deshalb entschloss man sich zu einer Programmänderung, da an eine Besteigung des Monte Prosa witterungsbedingt nicht zu denken war. Es wurde beschlossen, stattdessen nach Airolo abzusteigen. Dort angekommen, war nur eine kleine Gruppe willens, einen Spaziergang nach Altanca zu machen. Der Rest der Klasse blieb etwa 5 Stunden bis zur Abfahrt des Zuges unbeaufsichtigt in Airolo zurück. Jugendlicher Übermut Die Jugendlichen «verzogen sich meist in Wirtschaften, tranken dort Chianti, schrieben. Ansichtskarten und jassten. Eine Gruppe geriet durch zu reichlichen Chianti-Genuss in die Stimmung, aus der heraus der Bubenstreich verübt wurde, von dem nun zu berichten ist.» Vier Zöglinge beschlossen nach reichlichem Alkoholgenuss, einem daheimgebliebenen Lehrer und dem Verwalter des Konvikts in Wettingen Postkarten zu schreiben. Unter den Verfassern war auch einer, der dem Lehrerkonvent «bereits als zweifelhafter, der ständigen Überwachung bedürftiger Schüler bekannt war. Er hat sich z.B. erst kürzlich den „Spass" geleistet, vom Brücklein beim Seminar auf ein Auto hinunterzuspucken.» Das Corpus Delicti In einem Dossier des Staatsarchivs Aargau mit umfangreicher Korrespondenz von Lehrerkonferenz und Erziehungsdirektion sind diese beiden Postkarten noch heute greifbar. In der Zeit der «Roaring Twenties» waren diese Karten Anlass genug, dass die Lehrerkonferenz bei der Erziehungsdirektion die Wegweisung, resp. die Androhung der Wegweisung der betroffenen Seminaristen beantragte mit der Begründung, dass «Leute dieses Schlages […] nicht dem Lehrerstande zugeführt werden [dürfen]». Die beschriftete Rückseite der Postkarten zeugt von einem nicht mehr nüchternen Zustand der Verfasser. Ausserdem wird Internatsverwalter Fritschi als «Nachtwächter» bezeichnet und im Text wird offensichtlich beklagt, dass durch ihn bei verschlossenen Türen Kontrollen in den «Buden» durchgeführt wurden, was aus heutiger Sicht als übergriffig zu beurteilen wäre. Pädagogische Praxis
Es ist hier nicht der Ort, die Richtigkeit der Entscheide der Lehrerkonferenz zu beurteilen. Interessant ist hingegen der Massstab, der jeweils angesetzt wurde. Für die Schulleitung waren oft weniger die objektiven «Vergehen» massgebend, sondern die Frage, ob ein solches Verhalten für einen angehenden Lehrer noch tragbar sei. Diese Haltung findet auch bei der Beurteilung der schulischen Leistungen Ausdruck. Immer wieder gaben die Aufnahmeverfahren ins Lehrerseminar Anlass zu Diskussionen. Aber auch hier waren die Softskills oft massgebender als die effektiv erbrachten schulischen Leistungen. So schreibt Seminardirektor Arthur Frey 1947 in einer Erinnerungsschrift: «Wenn die Leistungen nicht voll genügten, der Schüler aber durch seine Wesensart Anlagen für den Lehrerberuf verriet, so entschied man sich gerne für die Belassung in der Klasse.» Eigentlich war das Kloster Wettingen ideal gelegen. In der nahen Bäderstadt hätten die Mönche regelmässig kuren können. Darüber lässt sich aber wenig erfahren. Bekannter hingegen ist, dass Wettingen einen klostereigene Kurort im Zugerland hatte. von Ruth Wiederkehr Dass Mönche und Nonnen Thermalbäder genauso wie alle anderen Menschen genossen, ist seit dem Mittelalter gut überliefert. Neben Gebet und Arbeit waren sie nämlich auch der cura corporis, der Sorge um ihren Körper, verpflichtet. Das galt auch für das Kloster Wettingen: In den Statuten, die 1655 für die Zisterzienser in Süddeutschland und der Schweiz verabschiedet wurden, gab es eigens den Abschnitt de balneis, «von den Bädern». Sie definieren, wann ein Mönch eine Badekur machen darf: mit Erlaubnis des Abts zu gesundheitlichen Zwecken. Verwalter im Bad Ab dem 17. Jahrhundert betrieb Wettingen in Walterswil bei Baar ein eigenes Bad. Der Hof an der Baarburg verfügte über eine kalte mineralhaltige Quelle und war wohl in den 1620er-Jahren durch Abt Peter Schmid (1559–1633) an das Kloster gelangt. Eine Kaufurkunde ist nicht überliefert, doch ist bekannt, dass Mitte des 17. Jahrhunderts der Baarer Jakob Andermatt (1602–1680) für das Kloster Wettingen den Hof, die Kapelle und das Bad Walterswil verwaltete. Am 29. Juli 1651 schrieb er in sein Tagebuch, dass er nach der Messe zwei Stunden gebadet habe: «Got welli, das disi badenfart mir dienstlich sigi zuo sel und lib. Amen.» Er habe in der laufenden Saison – damit war der Sommer gemeint – «badet 329 ½ stund». Die vielen Badekuren könnten einen positiven Einfluss auf ihn gehabt haben: Er starb mit 78 Jahren, einem im 17. Jahrhundert sehr hohen Alter. Lob des Wassers In späteren Jahren waren jeweils Patres von Wettingen als Verwalter in Walterswil tätig. Den besten Beschrieb des Bads lieferte der Zürcher Arzt und Naturwissenschaftler Johann Jakob Scheuchzer (1672–1733) im Jahr 1706. Er widmete den Quellen an der Baarburg einen längeren Abschnitt in seinen Beschreibungen der Bäder des Alpenraums und lobte die Qualität des Wassers. Auch lässt sich von Scheuchzer erfahren, dass Personen aus den oberen Schichten aus Zug, Zürich, Luzern, aber auch Schaffhausen nach Walterswil kamen. Herrschaftssitz bis 1755 Ende des 17. Jahrhunderts hatte das Kloster Wettingen das Bad Walterswil ausbauen lassen. Der kleine Kurort bestand nun aus einer neuen Kapelle, einem dreistöckigen Herrschaftshaus mit Ziergarten, einem Badhaus, einem Stall für die Pferde und einem Bauernhaus. Hier liess es sich für mehrwöchige Sommerkuren mit stundenlangen Bädern tagsüber gut leben. In den 1750er-Jahren schliesslich gefiel es den Zugern nicht mehr, ein Kloster aus der Grafschaft Baden als Besitzer von Land an der Baarburg zu wissen. Sie forderten Walterswil zurück – und in langwierigen Diskussionen entstand schliesslich ein Tauschgeschäft. Ab 1755 war Walterswil nicht mehr Wettinger Boden. Weiterlesen: Ruth Wiederkehr, Philippe Bart, Alfred Borter, René Zihlmann: Ort der Heilung, Ort der Bildung. Die Geschichte von Walterswil bei Baar. Zug 2022.
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September 2024
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