Neue Klostergeschichte Wettingen
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Frauen mit Lehrplan «für die männliche Jugend»

19/3/2025

 
Die Ausbildung der Lehrpersonen in den Aargauer Seminaren erfolgte von Beginn weg nach Geschlechtern getrennt. Angehende männliche Lehrpersonen besuchten als «Zöglinge» das Seminar in Wettingen. Frauen liessen sich in Aarau ausbilden. Das änderte sich im 20. Jahrhundert.
von Hansjörg Frank
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Aufnahme einer Klasse von 1916 im Klosterpark 3 Frauen in der Klasse. Bild: Historisches Museum Baden, Fotohaus Zipser, Q.12.1.1446.
Bei der Einrichtung des Lehrerseminars in Wettingen 1847 als Konviktseminar (Internat) mit angegliedertem Landwirtschaftsbetrieb überrascht es nicht, dass sich lange Zeit nur männliche Kandidaten hier ausbilden lassen konnten.  In der Kantonshauptstadt Aarau wurde aus einem privaten «Töchterinstitut» gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Lehrerinnenseminar. Erst ab 1966 wurden auch hier männliche Seminaristen zusammen mit ihren Kolleginnen ausgebildet.
Wegen Platzmangel auch Frauen im Seminar
Die heute selbstverständliche Koedukation wurde aber phasenweise durch die Knappheit der räumlichen Verhältnisse erzwungen. So besuchten zwischen 1905 und 1925 auch junge Frauen das Lehrerseminar Wettingen, um das Seminar in Aarau zu entlasten. In den Genuss dieser Ausbildung in Wettingen kamen vorwiegend Töchter von am Seminar tätigen Lehrpersonen, reformierten Religionslehrern oder aus Familien der näheren Umgebung von Wettingen.
​Die Gesamtzahl der Seminaristinnen in diesem Zeitraum überstieg jedoch kaum ein Dutzend. Nach 1925 wurde diese Praxis wieder beendet. Die Ursache für diesen Entscheid lag im dramatischen Raummangel des Seminars Wettingen begründet. Der Entscheid, keine Seminaristinnen in Wettingen mehr aufzunehmen, wurde vom Regierungsrat bereits am 2. Februar 1923 gefällt.
Geist «durchaus wohltätig»
Direktor Arthur Frey bedauerte im Jahresbericht des Lehrerseminars von 1925 das Ende der gemeinsamen Ausbildung: «Wenn unsere Schülerinnen eine tüchtige häusliche Erziehung und genügende Selbständigkeit zur Behauptung ihrer weiblichen Eigenart mit sich brachten, so war ihr Einfluss auf den Geist des Seminars durchaus wohltätig und der Verkehr in den Klassen von gesunder harmloser Natürlichkeit.»
​Aus der Sicht von Frey brachten die Mädchen «vor allem, wenn sie nicht einzeln in der Klasse waren, ein wohltuendes Element in den Geist derselben», auch wenn der «für die männliche Jugend bestimmte Lehrplan», manchen Schülerinnen Mühe bereitet haben soll «namentlich in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern».
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Pionierin unter den Lehrerinnen: Hedwig Dorosz. Bild: Appendix, Argovia: Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau, 68-69 (1958).
Eine der Pionierinnen am Lehrerseminar Wettingen war Hedwig Dorosz. Mit sieben Jahren kam sie mit ihrer Familie 1912 aus dem damaligen deutschen Kaiserreich (heute Krotoschyn, nordöstl. von Breslau, Polen) nach Baden. Ihr Vater fand eine Anstellung als kaufmännischer Angestellter bei Brown, Boveri & Cie. Tochter Hedwig besuchte in Baden die Gemeinde- und Bezirksschule und trat anschliessend in Lehrerseminar Wettingen ein. Diese hat sie erfolgreich abgeschlossen und sich anschliessend an der Universität Zürich eingeschrieben, wo sie anschliessend auch promovierte und 1934 Privatdozentin an der Universität Genf für Ästhetik und Psychologie wurde. Der frühe Tod ihres Verlobten, des Zürcher Philosophen Gottlob Friedrich Lipps, war ein harter Schicksalsschlag für sie. Dieser Schicksalsschlag hat sie wohl auch bewogen, ihre Lehrtätigkeit in Genf zu beenden und bei Kriegsbeginn 1939 zu ihren Eltern nach Baden zu ziehen.
Hedwig Dorosz verfasste diverse Artikel und Erzählungen in Zeitschriften, aber auch zwei Romane und zwei Gedichtsammlungen («Die Flamme» und «Poetische Weltfahrt»). Ihre Texte sind geprägt von Weltschmerz und zeugen vielleicht von einer bereits angeschlagenen Gesundheit. Mit 41 Jahren stirbt Hedwig Dorosz an einer Lungenentzündung.
Seminaristinnen in der Mehrheit
Erst ab dem Schuljahr 1964/65 wurden wieder Frauen in Wettingen aufgenommen. Sie stammten meist aus der näheren Umgebung der Schule. Vereinzelt bezogen die Frauen in Wettingen und Umgebung ein Zimmer bei einer Schlummermutter, verpflegten sich aber zusammen mit den Internatszöglingen in der Mensa der Schule.
Schon ab 1965/66 stieg die Anzahl der Seminaristinnen in Wettingen von anfänglich 16 auf 169 Schülerinnen. 1979, als die letzten Lehrerpatente überreicht wurden, lag die Anzahl der Frauen drei Mal höher als die Zahl der diplomierten männlichen Lehrpersonen. Die Lehrerinnenausbildung war eine Chance für Frauen, höhere Bildung zu erlangen.
Mittlerweile ist die Lehrtätigkeit an der Volksschule (Obligatorische Schule) schweizweit mehrheitlich in weiblicher Hand, wie die folgende Grafik des Bundeamts für Statistik mit einer Erhebung zum Schuljahr 2022/23 zeigt:
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Wettingen wird zur weiblichen Schule
Die Aufhebung des Lehrerseminars 1976 und die Schaffung der neuen Gymnasialtypen PSG und Typus D sowie die Einführung der Diplommittelschule (heute Fachmittelschule) erhöhte den Anteil weiblicher Studierender an den Mittelschulen zusätzlich. Frauen, die eine gymnasiale Maturitätsschule oder eine Fachmittelschule besuchen, machen an den Mittelschulen deutlich mehr als die Hälfte der Lernenden aus.

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